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Wie aus der Corona-Krise für unsere Zukunftsfähigkeit lernen?

Was wird sein, wenn das Corona-Virus eingedämmt worden ist und unsere Gesellschaft wieder in den „Normalbetrieb“ zurückkehren kann? Die Einschätzungen reichen von: „Es wird nichts mehr so sein wie vorher war“, wie es derzeit von schrillen Expertisen im Internet und in Tageszeitungen zu lesen ist, bis zur Rückkehr zum „Business as Usual“. Nicht ganz unbegründet bleibt anzunehmen, dass der Wunsch nach einer Rückkehr zur „Normalität“ und das Verharren in alten Mustern (d.h.Klima- und Umweltzerstörung) sich wieder überwiegend durchsetzen werden.

Die Corona-Krise ist inzwischen für viele Menschen ein Anlassfall geworden, jenseits von Panik, Hysterie und Verschwörungstheorien darüber nachzudenken, wie unsere Gesellschaften um Umgang mit Krisenfällen funktionieren und was sie aus diesen Fällen lernen können.

Dies betrifft zum Ersten den Umgang mit den vielfältigen sozialen Nebenwirkungen dieser Krise: Wie bewältigt eine Gesellschaft auf allen Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden) und in allen Bereichen (Wirtschaft, Zivilgesellschaft, öffentliche Institutionen, NP0s) eine derartige Herausforderung? Welche „Learnings“ nimmt man aus der Corona-Krise und ihrer (erhofften) Bewältigung mit? Zum Beispiel wie bedeutsam Solidarität und Nachbarschaftshilfe, gutes Krisenmanagement oder die Flexibilität öffentlicher, sozialer und wirtschaftlicher Strukturen sind.

Dies betrifft zum Zweiten die Tatsache, dass wir Teil einer verwundbaren, komplexer gewordenen Welt sind, aufgrund wechselseitiger Verflechtungen und Abhängigkeiten im globalen Maßstab. Die Frage lautet: Wie können unsere sozialen, wirtschaftlichen und öffentlichen Strukturen stabiler, überlebensfähiger und ausdauernder, flexibler und letztlich „nachhaltiger“ gestalten? Was gibt es dabei an positiven Erfahrungen aus dieser Krise für die Zukunft mitzunehmen wie zum Beispiel die Erhöhung von Flexibilität durch Ausweichen in Online-Kommunikation, die Erfahrung, dass „weniger“ und „langsamer“ vielleicht „mehr“ und mindestens genauso „schnell“ sein kann, die Bedeutung nachhaltiger und regionaler Wirtschaftskreisläufen, neue Formen des Tourismus

Nicht zuletzt wird der Vergleich regionaler/nationaler Auswirkungen der Corona-Krise und ihrer jeweiligen Bewältigungsstrategien zeigen, wie unterschiedlich Gesellschaften mit diesen Phänomenen umgehen. Schon das Fallbeispiel des Hurrican Katrina in New Orleans hat gezeigt (1), wie sehr Katastrophen nur zum Teil „Naturkatastrophen“ sind, denen rasch soziale Katastrophen folgen: z.B. aufgrund mangelnder Vorsorge oder aufgrund des Fehlens starker öffentlicher Gesundheits- und Sozialsysteme.

Wir werden am Ende der pandemischen Krise erleben, wie die Gesellschaft aus dieser Krise lernt oder auch nicht. Einmal mehr werden wir sehen, dass Bottom-Up-Strategien unverzichtbare Elemente verantwortlichen Handelns sein können, da alle noch so heftigen Top-Down-Maßnahmen allein niemals alle Lösungswege abdecken können.

Wir beobachten bereits jetzt Modelle der Solidarität und der zivilgesellschaftlichen Mitwirkung, von verschiedensten online-Initiativen bis zu ganz praktischen Versorgungs- und Unterstützungsaktivitäten.

Was immer schon gegolten hat, gilt nach einer Krise umso mehr: die Zukunft muss verantwortlich und bewusst gestaltet werden – von allen, der Politik ebenso, wie von einzelnen Initiativen. Das kreative Potential wird hier tatsächlich lebensrettend.

1 siehe z.B. dazu die Publikation des – regelmäßig in Salzburg auftretenden – deutschen Umweltpsychologen und Zukunftsforschers Harald Welzer: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird, Frankfurt 2010